Das Thema »Nachhaltigkeit« ist in aller Munde – und doch bin ich strikt gegen den inflationären Gebrauch dieses Buzzwords.

Veröffentlicht am 19.08.2019

— in Unternehmen

Nachhaltigkeit darf kein Hype sein. Kein schicker Werbebegriff, den man seinem Gesprächspartner um den Kopf knüppelt. Kein Wort, das an Bedeutung verlieren sollte.

Die traurige Wahrheit ist aber, dass Nachhaltigkeit kein geschützter Begriff ist. Im Grunde könnte man sich selbst Auszeichnungen vergeben: »Die goldene Plakette für Nachhaltigkeit im Unternehmen« oder »Nachhaltigstes Unternehmen 2019. Und 2020. Und für alle Ewigkeit.«

Dabei sollte Nachhaltigkeit im Unternehmen ein ernstes Thema sein – zumindest dann, wenn es nicht nur bequatscht, sondern auch angepackt wird.
 

Was bedeutet Nachhaltigkeit überhaupt – und wie setzt man diese in Unternehmen um?

Im ursprünglichen Sinn beschreibt Nachhaltigkeit eine »über längere Zeit anhaltende Wirkung« und findet ihren Ursprung im forstwirtschaftlichen Denken. Aber: Wir sind ja alle keine Förster, oder? Bei uns geht es nicht um Abholzung oder Aufforstung, aber – um jetzt über Hölzken und Stöcksken auf das Äquivalent zu kommen – auch um Ressourcen*. 
Ja, Sie haben richtig gelesen: Ich vergleiche die Mitarbeiter des Unternehmens mit den Bäumen eines Waldes. 

Und die Unternehmen – plötzlich zu Förstern mutiert – tragen die Verantwortung für ihre Mitarbeiter! 

* Bitte nicht verwechseln! Mitarbeiter sind Menschen – und keine Ressourcen. Trotzdem musste ich an dieser Stelle einen Ausdruck finden, der dem Bildnis eines Försters und seines Waldes gerecht wird.
 

Soziale Nachhaltigkeit

Als Arbeitgeber weiss man, dass die Leistungsfähigkeit des Unternehmens von der Arbeit der Mitarbeiter abhängt – und als weiser Arbeitnehmer weiss man, dass geregelte Entlohnung allein kein Garant für gute Arbeit ist.

Ich erwähnte es bereits: Wir dürfen Mitarbeiter nicht als reine Ressource für Arbeitskraft ansehen. Mitarbeiter sind in erster Linie eines: Menschen. Und so möchten sie auch behandelt werden. 
Ein fairer Umgang, Respekt und Anerkennung gehört deswegen nicht nur optional in den Arbeitsalltag. Anständige Bezahlung hin oder her: Wer die Mitarbeiter nur wegen des Gehaltes an sich binden kann, erzeugt keine emotionale Verbundenheit zum Unternehmen. Der nächste Headhunter wartet schon um die Ecke – und der hat neben einer guten Bezahlung auch ein paar menschliche Aspekte im Programm. 

Wenn Mitarbeiter abwandern, bedeutet das einen doppelten Verlust für das Unternehmen:
Dieses verliert mit einem kompetenten Angestellten nicht nur leistungsstarke Arbeitskraft, sondern muss auch Zeit und Geld in das Suchen, Finden und Einarbeiten eines neuen Mitarbeiters investieren – und laut einer Studie beträgt der finanzielle Aufwand für die Neubesetzung (inklusive der Einarbeitungszeit) rund 30-50% des Jahresgehaltes. Wahnsinn, oder? Um diese Kosten zu reduzieren, gibt es ein einfaches Mittel: Nachhaltige Mitarbeiterbindung.
 

Reisende soll man nicht aufhalten

Meine Kindheit war geprägt von Redensarten. Zu jeder Gelegenheit hat mein Vater mir einen dieser weisen Sprüche um die Ohren geworfen.
Ich erinnere mich, dass ich in Teenagertagen besonders unzufrieden war. Alle meine Freunde durften viel mehr als ich. 
Ich habe meinem Unmut damals natürlich Luft gemacht und meinen Eltern angedroht, dass ich in einer Nacht- und Nebelaktion abhauen werde. Und Tschüss! Auf Nimmerwiedersehen! 

Und alles, was mein Vater damals entgegnete war: »Reisende soll man nicht aufhalten!« Da stand ich dann also. Mit 14 oder 15, hocherbost und herzzerrissen – und alles, was mein Vater dazu sagen konnte, war, dass man Reisende nicht aufhalten soll? 
Ich bin natürlich nicht abgehauen und habe meinen Eltern noch ein paar Jahre lang vorhalten können, wie ungerecht ich sie fand. 

Was ich damit sagen will: Grundsätzlich zufriedene Menschen hauen nicht ab – und das ist durchaus auf alle Beziehungen des Lebens bezogen. Sei es in Partnerschaften, in der Freizeit, bei der ärztlichen Versorgung oder auf der Arbeit. 

Isso. Jetzt kommt keine Raketenwissenschaft, sondern eine wissenschaftlich nachweisbare und logisch nachvollziehbare Kausalitätskette: 

Gestillte Grundbedürfnisse ➞ Zufriedenheit ➞ Emotionale Bindung

Natürlich spielt die Bezahlung (auch) eine Rolle. Immerhin sorgt diese für ein Sicherheitsgefühl. Aber: Auch die sozialen Grundbedürfnisse wie Kommunikation, Anerkennung, Zugehörigkeit und Verbundenheit müssen gestillt werden, um Zufriedenheit beim Menschen auszulösen. Und wie ich bereits sagte: Mitarbeiter sind Menschen. Nichts liegt an dieser Stelle also näher, als die Mitarbeiter als solche wahrzunehmen und so zu behandeln.

Die durchschnittliche Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten liegt bei 8 Stunden pro Tag. 

Ich weiß, dass viele Menschen ihre Werktage aufrechnen und sagen: »Whoa… ich arbeite 8 Stunden am Tag. Das heisst, dass ich immerhin ⅓ des Tages bei meinem Arbeitgeber abhänge. Ein weiteres Drittel des Tages geht für das Einschlafen, Schlafen und Aufwachen drauf. Im Grunde bleibt mir (als Mensch und überhaupt) also nur das letzte Drittel des Tages. Aber da bin ich zu sehr mit An- und Abfahrt zur Arbeit, Einkaufen, Essen machen, Familie bespaßen, Haushaltskram und Schnickschnack beschäftigt, dass mir am Ende des Tages einfach nichts für mich übrig bleibt. Nix. Gar nix – und das was in der Woche liegen bleibt, muss ich am Wochenende nachholen.«

Ja, da darf man auch schon mal resignieren – aber hey, machen wir uns nichts vor: 8 Stunden sind 8 Stunden. Ob ich mein Gehalt als Schmerzensgeld oder tollen Bonus betrachte. An meinen Tagesstunden ändert das allerdings nichts – oder etwa doch?

Doch. Tut es! Es macht einen erheblichen Unterschied, ob ich mich bei meiner Arbeit wohlfühle und mich durch meinen Arbeitgeber gestärkt fühle oder nicht. Und damit meine ich nicht nur den psychischen Effekt, sondern auch die Auswirkungen auf meine Arbeitsleistung und die emotionale Bindung zum Arbeitgeber.
 

Positive Auswirkungen für Herz, Hirn und Unternehmen

  • Wohlgefühl (“Ich gehe gerne zur Arbeit”)
  • Motivation (“Ich habe Energie und Elan”)
  • Potenzialentfaltung (“Ich kann mich und meine Stärken einbringen”)
  • Selbstwirksamkeit (“Ich kann neue Herausforderungen lösen”)
  • Engagement (“Ich bringe mich auch über meinen Tätigkeitsbereich hinaus ein”)
  • Emotionale Bindung, Identifikation (“Ich bin stolz darauf, hier angestellt zu sein.”)


Positive Auswirkungen für das Unternehmen

  • Gutes Arbeitsklima
  • Weniger Ausfälle durch Krankheit
  • Zielorientiertes und produktives Handeln
  • Steigerung von Produktivität, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit
  • Unternehmenserfolg


Das hört sich wirklich wunderbar an, oder? Aber – jetzt mal Tacheles: Diese tollen Effekte sind nicht nur Ergebnis des positiven Mindsets der Mitarbeiter, sondern werden im Wesentlichen durch die Rückendeckung des Arbeitgebers hervorgerufen. 
Neue Mitarbeiter sind motiviert. Punkt. Die Motivation ist so alt wie die Menschheit. Wir stehen immerhin nur da, wo wir jetzt sind, weil wir den Status Quo nie akzeptiert haben. Es musste immer noch eins drauf gesetzt werden. Ob größer, weiter oder schneller: Wir hätten nie eine Entwicklung machen können, wenn diese nicht aus der Motivation heraus gewachsen wäre, besser zu werden. 
Menschen tragen die Motivation also in sich – und es liegt an den Unternehmen, diese aufrecht zu erhalten oder zu steigern.
 

Die Bedürfnispyramide nach Maslow – auf die Arbeitswelt übertragen

Vielleicht haben Sie schon mal von Maslows Bedürfnispyramide gehört? Jeder Mensch hat Bedürfnisse. Sind die Grundbedürfnisse gestillt, wird die Befriedigung der Bedürfnisse auf der darüberliegenden Stufe angestrebt. Dieses Schema lässt sich auch auf die Arbeitswelt und auf die Motivation der Mitarbeiter übertragen. Ach, was sag ich. Sie wurde auf die Arbeitswelt übertragen. 

Coole Erkenntnis. Aber was bringt diese jetzt dem Unternehmen? Ich verrate es Ihnen: Da Motivation und Engagement immer in Abhängigkeit zu der Arbeitsumgebung stehen, muss das Unternehmen die sozialen und individuellen Bedürfnisse stillen und dem Mitarbeiter den Raum für Selbstverwirklichung bieten. 

Förster kümmern sich darum, dass die Bäume ihres Waldes wachsen und gedeihen. Sie achten darauf, dass sie die Anforderungen des Baums erfüllen können, um das optimale Wachstum zu gewährleisten. Sie achten darauf, dass die Bäume einzelner Baumgruppen harmonieren – und nicht der stärkste Baum mit den dicksten Ästen die Sonne von den kleineren, zarteren Bäume abhält und sie vom ordentlichen Festwurzeln abhält.

Aber: Wie macht man das – wenn wir Anerkennung und Wertschätzung nicht nur monitär ausdrücken wollen? Ich sag’s Ihnen:
 

Optimale Bedingungen fördern – und die Mitarbeiter so motivieren und emotional binden

  • Fairer Umgang mit Mitarbeitern und Dienstleistern
  • Unterstützung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf
  • Freundschaftlicher Umgang – auch nach Feierabend
  • Vertrauen schenken und Rückhalt bieten
  • Klare Ziele definieren – aber nicht den Weg dorthin
  • Feedback geben: Immer konstruktiv und respektvoll, ob Lob oder Kritik

Diese Liste ist sicherlich um einige Punkte erweiterbar. Aber ich bin sicher, dass sie auch Ihnen einen groben Überblick über die “Zwischenmenschlichkeiten” schenkt, die das Betriebsklima stärken und die Motivation des Mitarbeiters steigern – und wir sollten an dieser Stelle auch die individuellen Faktoren nicht außer Acht lassen. 

Haben Sie bereits Erfahrung in der Motivation von Mitarbeitern? Kennen Sie Kniffe, Tipps und Tricks, die wir unbedingt kennen sollten?
Dann würden wir uns über eine Nachricht sehr freuen – und vielleicht ergibt sich, basierend daraus, eine Fortsetzung dieses Artikels.
 

Artikelbild »Young man in a black jacket is walking in a pine forest on sunrise« by Nadezhda Zaitceva

Heidi Schönenberg-Hausdorf


Heidi Schönenberg-Hausdorf ist Content und Social Media Managerin. Sie beschäftigt sich mit dem Texten und Publizieren von Inhalten für Printmedien, Websites und Social Media. Heidi ist durch die IHK zertifiziert und hat ein Buch über Social Media veröffentlicht.